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[Auch Heilige und Sozialreformer waren mal klein. Versuch einer Annäherung an die Person Adolph Kolpings in Szenen und Schlaglichtern. Arbeitstitel/Label: Gutes vom Rhein]


Huh, war das kalt. Der Junge, der die Tür des kleinen Häuschens hinter sich zuzog, schlug den Kragen seiner Jacke hoch, um sich wenigstens ein bisschen vor dem Wind zu schützen. Bald würde es schneien, das roch er. Der gute Meister Meuser mochte diese Jahreszeit, nicht nur wegen der bunten Blätter. "Der Herbst ist eine gute Zeit für uns Schuhmacher", sagte er oft und zwinkerte dabei vergnügt mit den braunen Augen. Nach Aussaat und Ernte brauchten die Bauern nicht selten neues Schuhwerk. Der Junge mochte den Winter auch, wenn auch eher aus dem Grund, dass dann die Abende länger waren und er sich öfter mit einem Buch in eine stille Ecke zurückziehen konnte. Letztes Jahr war er noch in die Schule des kleinen Ortes gegangen und als er nun das Gebäude passierte, blieb er wie jeden Morgen kurz davor stehen. Drinnen herrschte bereits geschäftiges Treiben. Der Pedell zündete die Lampen an, deren weiches, einladendes Licht durch die nicht ganz sauberen Fenster auf den Unschlüssigen im Morgenwind schien. Und die blank gescheuerten kleine Pulte warteten wie jeden Morgen auf ihre Schüler. In diesem Moment kam er sich fast ein wenig ausgeschlossen vor.

Als er sich bereits zum weitergehen wandte, klappte eine Tür, dann einige leichte, schnelle Schritte und schließlich fiel ihm das kleine Mädchen um den Hals. "Anna, wieso bist du in diese Kälte herausgekommen?", wunderte sich der Junge. "Du solltest doch jetzt dort drinnen am Ofen sitzen und deine Milch trinken. Gleich geht der Unterricht los." "Warum sollte ich dort sitzen wo es hell und warm ist, wenn du hier draußen im kalten Wind stehst?" "Sei nicht albern, kleine Anna, ich habe nur kurz Pause gemacht. Außerdem komme ich zu spät zur Arbeit", wiegelte der Junge ab, löste sanft ihre Arme von seinem Nacken und ging weiter, während der Wind wieder auffrischte. Die Blätter vor ihm tanzten nach einer ganz eigenen Weise.



....Fortsetzung folgt...
>>Teil 2

Kommentare

  1. Ok, das hört sich schon mal sehr schön an! :) Gefällt mir gut! Im Moment nur eine Anmerkung/Frage: Waren seine Eltern Bauern? Ich glaube nämlich, dass Bauernkinder sowieso überhaupt nur im Winter zur Schule gehen konnten, weil sie im Sommer bei der Feldarbeit etc. gebraucht wurden. :)
    Weiter so! ;)

    LG,

    Ma Reine

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  2. Seine Eltern waren nicht direkt Bauern. Der Vater, Peter Kolping († 12. April 1845)war Lohnschäfer. Außerdem ist der Junge zu Beginn dieser Geschichte bereits der Volksschule entwachsen und im ersten Lehrjahr des Schusterhandwerks (ca. 13 Jahre).

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